...Ich hatte schon früher Erfahrungen mit Therapeuten gesammelt und dieses Kapitel für mich eigentlich zu den Akten gelegt. Je nachdem aus welcher Schule der oder die betreffende Person stammte, bestand ein Großteil der 'Behandlung' jedes Mal aus dem 'Verkauf' der eigenen Methode, und keine dieser Methoden schien für mich zu passen.
Bei Lea hingegen begriff ich sehr schnell, dass sie über ein Repertoire jenseits klassisch abgegrenzter Schulen verfügt, und durch ihre umfassende Meisterschaft stets einfach das zur Hand hat, was gerade funktioniert. Und es war sehr faszinierend zu erkennen wieviel von dem, was bei einem Aspekt einen Durchbruch ermöglichte, bei einem ganz anderen Aspekt jedoch schlicht versagte.
So weitgestreut die Diversität ihrer Methoden jedoch auch war, so fügte sich trotz allem jedoch auch alles irgendwann wieder zusammen. Natürlich hatte man das Gefühl eine Zeit lang mit einer Art innerer Autowerkstatt zu leben, in der man vor lauter herumliegenden Teilen kaum noch treten kann, doch bis dahin war das wohlverdiente Vertrauen in die Meisterin schon etabliert, und so wurden die Besuche allmählich immer mehr von einer fast kindlichen Vorfreude auf den nächsten Schritt begleitet.
Und vielleicht das höchste Lob verdient sie für die immerwährende Freiheit, die einem unter ihrer liebevollen und wirklich schlauen Führung sowohl beim Auseinandernehmen wie auch beim eigenen Wiederzusammenbau stets erhalten blieb.
Ich fühlte mich teilweise bei ihr zurück an meinen besten Klavierlehrer erinnert, der anstelle mir die 'richtigen' Fingersätze einzupauken (wie alle anderen davor), sich stattdessen die Zeit nahm, die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Fingers jeder einzelnen Hand von mir zu erforschen, um dann daraus mit mir Fingersätze und Strategien zu entwickeln, die sicherlich für niemanden anders spielbar waren, sich für mich jedoch als ideal erwiesen.
Und ähnlich wie bei meinem Klavierlehrer, von dem ich nicht direkt die Stücke lernte, sondern vor allem die Kunst der eigenen Adaption – was mich heute, fast dreißig Jahre später, immer noch befähigt weiter zu gehen – so lernte ich auch durch Lea nicht die 'Richtige', sondern eine mir immer noch ganz und gar eigene, jedoch unendlich verbesserte Art der gedanklichen Adaption.
Der gordische Knoten entpuppte sich daraufhin als simple Schleife, und wie beim Klavier, so wird auch beim Denken seither beständig und begeistert weitergeübt.
Und schaut die Depression zwischendurch doch noch einmal wieder kurz vorbei, so wird sie nicht mehr wie früher gefürchtet, sondern begrüßt als der wertvolle Freund, der sie in Wirklichkeit ist. Man merkt auf, dass etwas wohl so nicht funktioniert...
– und macht es anders.